Was bedeutet "Sit plus"?
Das von TN-TEAM seit 2000 entwickelte Sit plus+ - Führungsmodell erweitert die Situative Führung von Hersey & Blanchard (1977), damit sie den Arbeitsanforderungen der heutigen Zeit besser entspricht.
Situatives Führungsmodell plus Modernisierung
Hersey & Blanchard hatten mit der bis dahin geltenden Lehrmeinung gebrochen, dass es den Einen, für alle Mitarbeiter optimalen Führungsstil geben würde (mehr dazu im vorherigen Blogartikel). Führungsverhalten muss immer in Passung auf den jeweiligen Beschäftigten abgestimmt werden, und zwar in Bezug auf dessen Kompetenz und Motivation. Wir finden dieses Konzept sinnvoll und hilfreich. Deshalb bauen wir darauf auf. Im Sit plus+ - Führungsmodell gibt es eine zusätzliche Führungsdimension, die Ziel- und Leistungsorientierung. Die Empfehlungen zur Mitarbeiterorientierung haben wir zudem ein wenig abgewandelt.
Was ist der Nutzen eines solchen Führungsmodells?
„Jeder Mitarbeiter ist doch anders“, das haben wir häufig gehört. Stimmt. Und jeder Chef ist auch anders. Und auf dem Bau wird anders geredet als im Kita-Team oder im Investment Banking. Und genau deshalb ist ein Führungsmodell so hilfreich!
Es abstrahiert ein wenig von Ihrer konkreten Führungspraxis und bietet einen übergreifenden Rahmen, ein Gerüst, an dem Sie die Prinzipien erkennen können. Diese müssen Sie natürlich dann wieder auf Ihre Praxis umsetzen, das bleibt bei der Führungskraft. Dafür können Sie es sich aber auch passend machen. Sie haben damit
- die Orientierungshilfe durch das „Gerüst“ des Modells
- und die Freiheit der Umsetzung in Handlungen, die zu Ihrer Persönlichkeit und Ihrer Firmenkultur passen.
Die Führungsdimensionen
Zur Unterscheidung von Führungshandeln verwendet das Sit plus+ - Führungsmodell drei Führungsdimensionen.
Aufgabenorientierung
bedeutet, dass die Führungskraft sich um die konkrete Erledigung der Arbeiten durch den Mitarbeiter kümmert, auch im Fachdetail.
Mitarbeiterorientierung
meint, sich mit dem Mitarbeiter als individuellem Menschen zu beschäftigen, ihn über ausführliche Gespräche einzubeziehen, ihn zu unterstützen und ihm Wertschätzung zu geben.
Ziel- und Leistungsorientierung
ist die unternehmerische Dimension: sie beschreibt das Ausmaß, indem die Führungskraft Leistung fordern und über Hintergründe und Zusammenhänge informieren soll.
Das Wissen, Können und Wollen des Mitarbeiters kann nun zwischen gering (Kompetenzgrad 1 = KG 1) und optimal (KG 4) variieren. Je nachdem, welcher Kompetenzgrad vorliegt, sind die Führungsdimensionen mehr oder weniger sinnvoll.
Aufgabenorientierung
ist notwendig, wenn der Beschäftigte wenig kompetent ist, z. B. bei Anfängern. Je besser der Mitarbeiter wird, desto mehr soll sich die Führungskraft aus Arbeitsdetails heraushalten.
Mitarbeiterorientierung
ist im mittleren Leistungsspektrum besonders relevant: Hier gilt es, den Mitarbeiter individuell zu fördern und zu beteiligen.
Ziel- und Leistungsorientierung
kommt bei guten bis exzellenten Mitarbeitern zum Tragen.
Quick Start Guide für das Sit plus+ - Modell
- Schätzen Sie ein: Wie ist die Kompetenz und die Motivation des Mitarbeiters für die betreffende Aufgabe?
- Betrachten Sie die Ausprägung der Führungsdimensionen in der Grafik in diesem Kompetenzbereich!
- Berücksichtigen Sie in Ihrem Führungsverhalten die Leitdimensionen (in der Grafik die "oberen")
- Vermeiden Sie alles, was hier zur "unteren" Dimension gehört!
Ein Praxisbeispiel: Die verpasste Software-Schulung
Die Firma hat eine Software-Umstellung vorgenommen, mit einer relativ knappen Vorlaufzeit. Im Team von Herrn Werner konnte leider eine Mitarbeiterin urlaubsbedingt nicht an der Einführungsschulung teilnehmen. Nun will sie eine zusätzliche Schulung haben, was aber nicht vorgesehen ist. Herr Werner überlegt, wie er sie beim Umstieg auf die neue Software unterstützen kann. Die Mitarbeiterin ist eine langjährige Beschäftigte, die schon mehrere IT-Umstellungen mitgemacht hat.
Wie ist ihre Kompetenz und Motivation einzuschätzen?
Sie hat eine ausgezeichnete Fachkompetenz. Noch wichtiger ist hier aber ihre Lernkompetenz und ihr digitales Verständnis. Auch dabei ist sie vorbildlich. Ihre Motivation, das neue System zu lernen, ist etwas gedämpft, weil sie sich über die Terminierung der Schulungen geärgert hat. Aber alles in allem sind sowohl Kompetenz als auch Motivation im oberen Bereich, vielleicht Kompetenzgrad 3 bis 4.
Was empfiehlt nun das Sit plus+ -Modell bei Kompetenzgrad 3-4?
Ziel-/Leistungsorientierung und Mitarbeiterorientierung sind in diesem Fall sinnvoll. Das bedeutet, Herr Werner fordert eine eigenständige Einarbeitung auf Grundlage der Schulungsunterlagen (ZL+), und er begleitet diese durch Mitarbeitergespräche, in denen er auf individuelle Fragen und Missverständnisse eingehen kann (M+). Das würde hoffentlich auch den Motivationsknick wieder begradigen. Sobald die Mitarbeiterin im neuen System einigermaßen firm ist, könnte er noch Hintergründe der Systemumstellung vermitteln und nach Anwendungstipps und Verbesserungsideen fragen. (ZL+)
Aufgabenorientierung sollte Herr Werner vermeiden. Also selbst im Detail die Bedienungsschritte mit einzelnen Masken erklären, das braucht diese
Mitarbeiterin nicht. Sie fände das vielleicht bequem, aber wäre doch unterfordert dabei. Eine so gute Mitarbeiterin kann man fordern und ihr am Ende auch die verdiente Anerkennung geben.
Vielleicht stellt sie ja FAQs für die ganze Abteilung zusammen? Darauf könnte sie zu Recht stolz sein.
Gleiches Thema– anderes Führungsverhalten erforderlich
Anders liegt der Fall im Nachbarteam! Auch bei Herrn Mitterkamp hat ein Mitarbeiter die Schulung verpasst, wegen einer längeren Erkrankung. Leider ist dieser Mitarbeiter auch das Sorgenkind des Referats.
Seine Fachkompetenz liegt im mittleren Bereich, allerdings tut er sich mit allen Neuerungen schwer. Besonders motiviert ist der Mitarbeiter nicht. Insbesondere jetzt nach seiner Erkrankung traut er sich wenig zu und flüchtet sich in eine Schonhaltung. Herr Mitterkamp schätzt ihn somit in Kompetenzgrad 2 ein.
Was empfiehlt nun das Sit plus+ -Modell bei Kompetenzgrad 2?
Die Leitdimension ist hier die Mitarbeiterorientierung. Das bedeutet, dass sich die Führungskraft intensiv um den Mitarbeiter kümmern soll. Die Mitarbeitergespräche verlaufen aber anders als im vorherigen Fall, sie dürfen nicht zu fordernd sein. Vielmehr geht es hier um Unterstützung. Die zweitwichtigste Dimension ist nämlich die Aufgabenorientierung: Hier geht es um das konkrete Tun, auch im Detail. Herr Mitterkamp kann am besten einen Schrittplan entwerfen, wie er seinen Mitarbeiter in das neue System einführt. So ermöglicht er diesem nach und nach kleine Erfolgserlebnisse, die auch seine Motivation verbessern helfen.
Forderungen nach eigenständigem Arbeiten und Diskussionen über Hintergründe und Verbesserungsideen sind in diesem Fall verfrüht. Vielleicht ginge der Mitarbeiter gern darauf ein – aber es wären nur Ausweichdiskussionen, die ihm beim Lernen nicht weiterhelfen.
Obwohl die Situationen auf der Sachebene gleich aussehen, ist im Hinblick auf die unterschiedliche Kompetenz der Mitarbeitenden ein jeweils anderer Umgang zu empfehlen. Unserer Erfahrung nach tendieren Führungskräfte eher dazu, sich gleich zu verhalten. Nach dem Motto: Was einmal gut gewirkt hat, das mache ich in der Folge wieder so. Bei unterschiedlichen Mitarbeitern ist das aber nicht optimal – es sei denn, sie wären zufällig alle gleich kompetent!
Das Sit plus+ - Modell hilft, aus den eigenen Schleifen auszuscheren und andere Führungsinterventionen auszuprobieren, die dem jeweiligen Mitarbeiter mehr entsprechen. Weshalb sich das lohnt? Der Mitarbeiter entwickelt sich weiter, und das bringt Leistung und spart Führungsmühe.
Gute Führung bringt Mitarbeiter voran!
Mehr Details zu den einzelnen Führungsdimensionen erfahren Sie in weiteren Blogartikeln - oder in unserem Buch!
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